Geprägt durch lange Erfahrung
Mit der Auskohlung des Tagebaus Schöningen am 30. August 2016 geht die über 140-jährige Bergbaugeschichte im Helmstedter Revier zu Ende. Der Tagebau Schöningen war der letzte Tagebau der Helmstedter Revier GmbH. Er lieferte die Braunkohle für das Kraftwerk Buschhaus.
Der Abbau von Braunkohle hat im Helmstedter Revier eine lange Geschichte. Bereits 1795 verlieh der Herzog von Braunschweig-Lüneburg die ersten Schürfrechte im Revier. Mit der 1873 gegründeten Braunschweigische Kohlen-Bergwerke AG (BKB AG) wurde mit dem industriellen Braunkohleabbau und der späteren Verstromung aus Braunkohle das Helmstedter Revier als innovativer Industriestandort geprägt.
Die Helmstedter Braunkohle befindet sich am nordwestlichen Rand eines 70 Kilometer langen und vier bis sieben Kilometer breiten Beckens, das sich von Helmstedt bis Staßfurt erstreckt – die sogenannte Helmstedt-Staßfurter Mulde. In ihrer Mitte trennt sie ein Salzstock der Länge nach in eine Ost- und in eine Westhälfte.
Im Jahr 1979 wurde mit dem Tagebau Schöningen der letzte Tagebau des Reviers aufgeschlossen. Mit einer Fläche von 600 Hektar bestand er aus drei Baufeldern: Dazu gehörten das Nordfeld, welches schon wieder verfüllt ist, das Südfeld und der „Restkohlepfeiler Werkstätten“. Den Namen erhielt letzteres Abbaufeld von den ehemaligen Unternehmens-Werkstätten, die zuvor auf diesem Gelände standen.
Ingsgesamt wurden im Tagebau Schöningen mit den drei Baufeldern Nordfeld, Südfeld und Restkohlepfeiler Werkstätten ca. 280 Millionen Kubikmeter Abraum bewegt und rund 46 Millionen Tonnen Kohle gewonnen. Um den verbliebenen restlichen Tagebau zu verfüllen, steht nach Abschluss der Kohlegewinnung kein Abraum mehr zur Verfügung. Es entsteht der Elmsee.
Statistik zukünftiger „Elmsee“
Endwasserstand: +95m NHN
Wasservolumen: 172 Mio. m3
Tiefe des Sees: max. 100 m
Seefläche: 400 ha
Uferlinie: 14 km
Archäologie im Tagebau
Der Braunkohletagebau Schöningen ist archäologisch eine der bedeutendsten Fundstellen der Region und veränderte das Bild des Urmenschen grundlegend. 1994 bis 1998 fanden die Archäologen des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege am Westrand des Tagebaus Schöningen acht hölzerne Wurfspeere aus der Altsteinzeit. Die Speere hatten dort über 300.000 Jahre lang verborgen und konserviert gelegen. Zusammen mit den Skelettresten von Pferden sind sie die letzten Zeugnisse einer Großwildjagd, die hier an den Ufern eines ehemaligen Sees stattfand.
Die sogenannten Schöninger Speere sind die ältesten Jagdwaffen der Menschheit. Der Homo erectus, der Vorfahre des Neandertalers, konnte somit nicht nur technologisch hochwertige Waffen bauen, sondern verfügte auch über ausgefeilte Jagdstrategien. Fähigkeiten, die man bis dahin nur dem modernen Menschen zugeschrieben hatte.
Von Anfang an unterstützen wir die Ausgrabungen und ließen den Kohlepfeiler unter der Fundstelle der Speere für die Arbeit der Fachleute stehen. Auch heute sind die Archäologen auf der Grabung anzutreffen. Immer wieder treten bedeutende Funde zutage.
Am Westrand des Tagebaus Schöningen unweit der Fundstelle der Speere liegt das Forschungsmuseum Schöningen, welches 2013 seine Eröffnung feierte. Hier kann man die seltenen Fundstücke aus dem Tagebau Schöningen in einer festen Ausstellung besuchen.
Aber es gibt noch mehr im Tagebau Schöningen zu entdecken, denn er ist wie ein Fenster, das den Betrachter in eine Zeit von vor mehr als 50 Millionen Jahren blicken lässt. Die einzelnen Schichten geben Auskunft über Landschafts- und Klimaveränderungen. So gehören zahlreiche Palmenstümpfe, eine gut erhaltende Seegraswiese sowie zahlreiche Grünsandstreifen zu den besonderen Funden, die das Frankfurter Senckenberg-Institut in unserem Tagebau machte. Sie bezeugen, dass es hier einmal tropisches Klima gab und das Helmstedter Revier sich am Rande eines Urzeitmeeres befand.